HALBDISTANZEN

Man kann sich in seinem Leben einrichten, so als wolle es man aus der Halbdistanz leben. Die Halbdistanz ist für manche der Lieblingsabstand zu dem Ganzen da draußen, obwohl das keine gute Idee war und ist, jedenfalls wenn man etwas von Sport versteht: Im Boxen ist die Halbdistanz die halbe Strecke zwischen Nahkampf und Volldistanz. Wenn man es geschickt anstellt, so denken sich das die Anfänger, kriegt man auf der Halbstrecke am wenigsten auf die Fresse, weil dadurch weder die eng prügelnden Infighter noch die auf Distanz tanzenden Jabber ihre Vorteile ausspielen können. Das Gegenteil ist leider wahr, weil man es in der Halbdistanz von beiden abbekommt, aber es dauert, bis man das merkt, und dann ist man schon reichlich verbeult. Da sind Tiere klüger. Sie bemerken die Halbdistanten sofort, so wie sie Betrunkene unter ihren Zeitungen auf der Parkbank sofort entdecken. Tiere wittern die Unklarheit, die halbe Lüge und die halbe Wahrheit, präzise scannen ihre Spiegelneuronen die Welt und finden den Fehler im Suchbild. Hunde sträuben das Fell, reagieren vorsichtig, machen einen großen Bogen, werden manchmal sogar böse, lassen sich von den Halbdistanten nicht streicheln. Katzen runden den Rücken und weichen zur Seite, Pferde scheuen und zerren an ihren Halftern, sogar Fische drehen sich blubbernd auf den Rücken und weigern sich zu fressen. Tiere sind in dieser Hinsicht unbestechlich: Sie verlangen alles, oder eben nichts, beides ist in Ordnung. Doch nicht die halbe Lüge, nicht die halbe Wahrheit, nicht die Halbdistanz.

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